Wer übernimmt die Kosten für Spätfolgen bei einem Unfall?
Ein Unfall mit dem Velo führt zu einer massiven Knieverletzung. Über 10 Jahre später ist eine Operation wegen Arthrose notwendig, die Person wird dadurch für einige Zeit arbeitsunfähig. Nicht immer ist ein Unfall mit der Erstbehandlung dauerhaft erledigt. Ein Rückfall oder eine Spätfolge kann auch Jahre oder gar Jahrzehnte später noch zu Beschwerden führen. Dann stellt sich die Frage, wer für die erneute Behandlung und den allfälligen Lohnausfall aufkommt – die Krankenkasse oder die Unfallversicherung?
Vereinfacht gesagt gewährt der zum Zeitpunkt des Unfalls zuständige Versicherer den Versicherungsschutz auch bei Rückfällen und Spätfolgen, sofern diese direkt mit dem Unfall im Zusammenhang stehen. Der direkte Zusammenhang ist teilweise schwierig zu beweisen – dann kann bei der Krankenversicherung eine Vorleistung verlangt werden.
Unfall während einem Anstellungsverhältnis – Spätfolgen übernimmt der damalige Unfallversicherer
Passierte der Unfall während einem Anstellungsverhältnis und wurden die Heilungskosten durch den Unfallversicherer nach UVG (UVG = Unfallversicherungsgesetz) übernommen, so müssen auch die Heilungskosten für Spätfolgen / den Rückfall durch den damaligen Versicherer übernommen werden. Entscheidend ist also, wo der Arbeitgeber zum Unfallzeitpunkt nach UVG versichert war.
Dasselbe gilt für allfällige Taggelder, wobei die Höhe des Taggeldes sich nach dem aktuell versicherten Lohn bemisst. Es ist also nicht relevant, ob der Lohn beim ursprünglichen Unfall höher oder tiefer war. Ein Unfalltaggeld wird ab dem dritten Absenztag bezahlt, für die ersten beiden Tage übernimmt der aktuelle Arbeitgeber die Lohnfortzahlung.
Unfall während der Arbeitslosigkeit – RAV ist bei SUVA versichert
Hier gilt der gleiche Grundsatz wie bei einem Anstellungsverhältnis. Wer Arbeitslosengelder bezieht, ist durch das RAV bei der SUVA unfallversichert, allfällige Spätfolgen übernimmt also die SUVA.
Unfall während der Selbstständigkeit – ist eine freiwillige UVG vorhanden?
Selbstständigerwerbende sowie deren im Betrieb mitarbeitenden Familienmitglieder sind nicht obligatorisch nach UVG unfallversichert. Hatte die selbstständig erwerbende Person eine freiwillige Unfallversicherung abgeschlossen, so gilt die Regelung wie bei Angestellten. Bestand zum Zeitpunkt des Unfalls keine freiwillige Unfallversicherung, so muss die Unfalldeckung bei der Krankenkasse eingeschlossen sein. Die Heilungskosten für Spätfolgen und den Rückfall muss deshalb die aktuelle Krankenkasse übernehmen.
Unfall ohne Erwerbstätigkeit – wer übernimmt hier die Spätfolgen?
Personen ohne Erwerbstätigkeit sind bei der Krankenkasse unfallversichert. Die Behandlungskosten für Spätfolgen übernimmt entsprechend ebenfalls die Krankenkasse – leistungspflichtig ist die Krankenkasse zum Zeitpunkt des Rückfalles.
Auch wenn die versicherte Person zum Zeitpunkt des Rückfalls einen Arbeitgeber hat, so sind die Folgen des Rückfalles eines früheren Unfalles nicht über den aktuellen Unfallversicherer des Arbeitgebers versichert. Das gilt für die Heilungskosten wie auch für Taggelder. Bei der Lohnfortzahlung gelten somit die Regelungen gemäss Krankentaggeld-Versicherung. Hier gilt es zu klären, ob der Krankentaggeld-Versicherer Rückfälle und Spätfolgen eines Unfalls nicht ausgeschlossen hat. Ohne Krankentaggeld-Versicherung besteht gemäss OR nur eine minimale Lohnfortzahlungspflicht durch den Arbeitgeber.
Dasselbe gilt für allfällige Taggelder, wobei die Höhe des Taggeldes sich nach dem aktuell versicherten Lohn bemisst. Es ist also nicht relevant, ob der Lohn beim ursprünglichen Unfall höher oder tiefer war. Ein Unfalltaggeld wird ab dem dritten Absenztag bezahlt, für die ersten beiden Tage übernimmt der aktuelle Arbeitgeber die Lohnfortzahlung.
Tipp für verunfallte Personen: Unfälle sind in jedem Fall dem Unfallversicherer anzumelden, auch wenn es sich um kleine Bagatellunfälle handelt. Nur so kann sichergestellt werden, dass Spätfolgen oder Rückfälle entsprechend versichert sind.
Tipp für Arbeitgebende: Eine Unfall-Zusatzversicherung kann oft eine wertvolle Ergänzung zur Unfallversicherung nach UVG sein (Stichwort Differenzdeckung, etc.). Die Deckung «Spätfolgen früherer Unfälle» ist meist für eine geringe Prämie einschliessbar und kann unschöne Deckungslücken schliessen.
Hinweis: Zur Zeit ist im nationalen Parlament eine Motion zu dieser Thematik hängig (Motion 11.3811 Darbellay). Demnach sollen Rückfälle oder Spätfolgen einer unfallbedingten Verletzung, welche die versicherte Person als nicht erwerbstätiger Jugendlicher (bis 25 Jahre) und somit ohne UVG-Deckung erlitten hat, neu als Nichtberufsunfall gelten und durch den aktuellen UVG-Versicherer übernommen werden. Ein abschliessender Entscheid zur Gesetzesänderung wurde noch nicht gefällt.